Corona-Fallzahlen nach Ostern: Die Statistik-Verzerrung hält noch einige Tage an

Corona-Fallzahlen nach Ostern: Die Statistik-Verzerrung hält noch einige Tage an

Seit Beginn der Pandemie meldet das Robert Koch-Institut (RKI) täglich die Neuinfektionszahlen mit dem Coronavirus. Sie gelten als wichtigste Kenngröße in der Pandemie und liefern ein aktuelleres Bild als beispielsweise Krankenhauseinweisungen, da sich schwere Verläufe mit dem Coronavirus oft erst nach einigen Tagen Krankheit andeuten.

"Long Covid"


Er war topfit und lief Halbmarathon – dann erkrankte er an Corona. Und fiel ins Koma

Die Zahlen sind jedoch mal mehr, mal weniger aussagekräftig. An Wochenenden werden beispielsweise weniger Corona-Fälle an das RKI übermittelt. Die Werte sind damit meist niedriger als an den übrigen Wochentagen – ein bekanntes Phänomen. Experten wie die Virologin Melanie Brinkmann raten daher seit langem, nicht ausschließlich auf tagesaktuelle Daten zu blicken, sondern die Entwicklung über einen längeren Zeitraum zu betrachten.

Das RKI weist in seinem Lagebericht von Mittwoch explizit auf den Einfluss der Osterfeiertage und -ferien auf die Fallzahlen hin. Die Interpretation der Werte ist demnach aus zwei Gründen erschwert:

  • Aufgrund der Feiertage rechnen die Experten einerseits mit einem Meldeverzug von bestätigten Corona-Fällen. Es könne sein, dass "nicht alle Gesundheitsämter und zuständigen Landesbehörden an allen Tagen" Fallzahlen übermitteln, schreibt das RKI. Dieser Effekt dürfte nach Ostermontag und im Laufe dieser Woche jedoch allmählich verpuffen.
  • Einen länger anhaltenden Einfluss hat wahrscheinlich ein verändertes Test-Verhalten: An Feiertagen und in den Ferien suchen nach RKI-Angaben meist weniger Menschen einen Arzt auf, wodurch weniger Proben genommen und weniger Laboruntersuchungen durchgeführt werden. In einigen Bundesländern, darunter Bayern und Berlin, sind in dieser Woche noch Schulferien. Auch haben ärztliche Praxen teilweise geschlossen. "Dies führt dazu, dass weniger Erregernachweise an die zuständigen Gesundheitsämter gemeldet werden", schreibt das RKI.

Tatsächlich ist die Anzahl der durchgeführten Tests bereits in der Karfreitag-Woche vor Ostern deutlich zurückgegangen. Der Wert sank von 1.411.517 durchgeführten Tests in der zwölften Kalenderwoche auf 1.149.279. Das entspricht einem Minus von rund 260.000 Tests. Für die aktuelle Woche liegen noch keine Daten vor. Das RKI rechnet allerdings damit, dass das Testaufkommen erst in der kommenden Woche wieder auf das reguläre Niveau zurückkehrt.

Wann sind die Zahlen wieder aussagekräftig?

Liegt das Testaufkommen ab kommendem Montag wieder auf dem Vor-Oster-Niveau, könnten die Fallzahlen frühestens ab Ende kommender Woche leichter zu interpretieren sein – eine genaue Prognose ist jedoch schwierig.

Hoffnungen, dass die zuletzt niedrigeren Fallzahlen über Ostern auch mit einer verminderten Ausbreitung des Coronavirus zusammenhängen, zerschlägt der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach auf Twitter. "Viele hoffen, es wäre ein Wunder geschehen", so Lauterbach, nämlich dass die dritte Welle von allein endete, "weil es wärmer wurde". "So ist es leider nicht", betont Lauterbach. "Es wird weiter gehen."

Wie stark sich das Coronavirus in der Bevölkerung verbreitet, zeigt indes ein Blick auf die Intensivstationen: Dort zieht die Anzahl der intensivmedizinisch-behandelten Corona-Patienten seit Mitte März wieder stark an und liegt laut Divi-Register derzeit bei 4474. 

Christian Karagiannidis, wissenschaftlicher Leiter des Divi-Registers, veröffentlichte am Mittwoch einen eindringlichen Hilferuf auf Twitter: "Liebe Entscheidungsträger, wie hoch sollen die Zahlen denn noch steigen bevor Ihr reagieren wollt???", schrieb er in dem Tweet. "Bitte handelt endlich!"

Die Divi listet derzeit deutschlandweit 2.988 freie Intensivbetten, allerdings stoßen manche Kliniken bereits an ihre Kapazitätsgrenzen. "Städte wie Bonn oder Bremen oder Köln haben kaum noch freie Betten für den nächsten Herzinfarkt, Verkehrsunfall oder Covid Patienten!", so Karagiannidis. "Und einen instabilen Patienten kann man NICHT einfach dorthin verlegen wo gerade Platz ist. Ein freies Bett in Ostwestfalen hilft da NICHT!"

Quelle:Lagebericht des RKI (7. April 2021) / Twitter

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