In der Coronakrise ist es wichtig, fit zu bleiben. In Deutschland ist das kein größeres Problem, da es keine totale Ausgangssperre gibt. Ein Blick in die Parks reicht, um zu sehen, dass viele einfach weiter joggen – so wie sie es gewohnt sind. In Ländern, in denen das Verlassen der Wohnung nur noch in Ausnahmefällen erlaubt ist, müssen dagegen viele umdenken. Anstatt der gewohnten Laufstrecke sind daher Work-outs auf dem Wohnzimmerteppich angesagt.
Und das ist auch gut so, schreibt das Magazin „New Scientist“ in seiner aktuellen Titelgeschichte „Rethinking Exercise“ („Training überdenken“). Denn Muskelstärke und nicht Fitness ist der Schlüssel zu einem längeren und gesunden Leben, schreiben die Autoren. Lange Zeit seien die Ausbildung von Muskeln vernachlässigt und Sportarten bevorzugt worden, die vor allem Herz und Kreislauf belasten. Aerobes Training sei der „Heilige Gral“ der persönlichen Fitness gewesen, beklagt das Magazin.
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Muskeln schrumpfen von allein
Dabei ist es wichtiger, die Muskeln zu stärken. Wenn man nicht gegensteuert, erreicht die Ausbildung der Muskulatur in den Dreißigern ihren Höhepunkt, danach bilden sie sich zurück. Etwa fünf Prozent der Muskelmasse gehen in einem Jahrzehnt verloren. Richtig bewertet wurde dieser Effekt erst 1988 von Irwin Rosenberg. Er schrieb damals, „kein Niedergang mit dem Alter ist dramatischer und funktionell bedeutsamer als der Rückgang der Muskelmasse. Warum haben wir darauf nicht mehr Aufmerksamkeit gelegt?“
Seit einigen Jahren wird nun umgesteuert. Offizielle Organisationen wie die WHO versuchen etwa den Mythos der „10.000 Schritte“ zu entzaubern und warnen, dass Laufen allein nicht ausreiche. Studien zeigen, dass Kraftübungen von unter einer Stunde pro Woche das Risiko eines Herz- oder Schlaganfalls um bis zu 70 Prozent reduzieren. Eine andere Studie mit 100.000 Frauen fand heraus, dass diejenigen, die mindestens eine Stunde Krafttraining pro Woche absolvierten, ein geringeres Diabetesrisiko hatten.
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Starke Muskulatur garantiert längeres selbstständiges Leben
Weitere Untersuchungen sagen, dass Personen mit einer höheren Griffstärke der Hand ein geringeres Risiko aufweisen, an Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs zu leiden. Hinzu kommt eine Art von Binsenweisheit. Wer im Alter über eine stärkere Muskulatur verfügt, verletzt sich weniger bei Stürzen und anderen Unfällen und er ist länger in der Lage, selbstständig ohne Hilfe zu leben, berichtet das Magazin.
Der „New Scientist“ führt noch weitere positive Effekte auf, etwa die Chance, eine Krebserkrankung zu überstehen. Wichtig ist ebenfalls, dass Muskelaufbau hilft, Übergewicht zu vermeiden. Ein höherer Muskelanteil führt zu einem höheren Grundumsatz des Körpers, weil Muskulatur mehr Kalorien als anderes Gewebe zum eigenen Erhalt beansprucht. Krafttraining hat dazu den Vorteil, dass es auch nach der Übung weiterhin Kalorien verbraucht, weil das Gewebe sich nach der Beanspruchung selbst repariert. In Hinblick auf das Altern ist die Stimulation des Skeletts besonders wichtig. Kraftübungen können die Degeneration der Knochen stoppen beziehungsweise verlangsamen.
Einfache Workouts helfen
Bisher wurde erst versucht, den Muskelschwund aufzuhalten, wenn es bereits zu spät war. Wenn der Abbau bei Senioren so weit fortgeschritten war, dass sie sich kaum noch aus dem Sofa erheben konnten. Dabei kann man mit relativ wenig Zeitaufwand verhindern, dass der altersbedingte Abbau der Muskulatur überhaupt eintritt.
Für die Erhaltung der Gesundheit gelten allerdings andere Regeln als für das Bodybuilding oder das Bodyshaping. Hier ist es wichtig, dass alle Muskelpartien gleichmäßig angesprochen werden. Das Trainieren einzelner Muskeln, damit sie sich plastisch abheben, hat mit therapeutischem Training nichts zu tun. Es ist auch weitgehend unbedeutend, ob man mit vielen Wiederholungen und leichten Gewichten oder mit schweren Gewichten und wenig Wiederholung arbeitet. Um die Vorteile des Aufbaus der Muskulatur zu genießen, sollte man zumindest zwei Mal in der Woche Übungen absolvieren, die alle Muskelgruppen erreichen. Dabei hat das erste Training den größten Effekt, das zweite eine etwas geringere Wirkung und so weiter. Man erreicht schnell ein Niveau, auf dem mehr Training nicht mehr zu einer besseren Gesundheitsverfassung führt. Es ist also nicht nötig, jeden Tag Gewichte zu schwingen.
Quelle: New Scientist
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