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Mit Rennsport-Stars wie Lance Armstrong, Tyler Hamilton und Jan Ullrich wurde der Sport in den 1990er und Anfang der 2000er immer beliebter – viele verfolgten die Tour de France gebannt am Bildschirm ihres Fernsehers. Vor über zehn Jahren schilderte Tyler Hamilton bereits in seinem Buch das systematische Doping im Radsport. Er zeichnet ein Bild des Sports, in dem die Athleten entweder in die Dopingmaschine ein- oder aus dem Profiradsport aussteigen müssten. Jan Ullrich beschreibt es im Interview mit dem stern ganz ähnlich: Doping als Normalität im Radsport.
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Im Ausdauerleistungssport wie dem Radrennen entscheiden oft nur wenige Sekunden über Sieg oder Niederlage. Wer ein bisschen stärker und ausdauernder in die Pedale treten kann, hat im Rennen also die Nase vorn. Ein beliebter Dopingansatz, um die eigene Leistung zu steigern, ist das Blutdoping. Es setzt bei den roten Blutkörperchen an. Sie transportieren den Sauerstoff durch den Körper und somit auch zu den Muskeln. Je mehr Sauerstoff dort ankommt, desto leistungsfähiger ist der Sportler oder die Sportlerin. Die Zahl der roten Blutkörperchen kann durch Blutdoping (Eigenblut- und Fremdblutdoping) und der Einnahme von genetisch hergestelltem Erythropoetin (EPO) gesteigert werden. Wie Blutdoping funktioniert, welche Gefahren es birgt und wie mit EPO gedopt wird, erklären wir Ihnen im Überblick.
Was soll mit Blutdoping erreicht werden?
Das Ziel von Sportler:innen beim Blutdoping ist es, die Zahl der roten Blutkörperchen zu steigern, damit ihr Körper mehr Sauerstoff transportieren kann. So können größere Mengen an Sauerstoff an die Muskeln transportiert werden und sie mit Energie versorgen. Das kann die Ausdauer und auch die Leistungsfähigkeit von Sportler:innen verbessern. Genauer gesagt soll die Hämoglobinkonzentration im Blut gesteigert werden. Denn: Die Eiweißverbindung Hämoglobin ist Bestandteil der roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und enthält viel Eisen, daran kann sich Sauerstoff binden. Hämoglobin ist also für den Sauerstofftransport im Körper verantwortlich. Es verleiht unserem Blut überdies die typische Farbe und wird deshalb auch als Blutfarbstoff bezeichnet.
Was passiert genau beim Eigenblutdoping?
Bluttransfusionen kennen wir normalerweise aus dem Krankenhaus – dort werden Menschen, die viel Blut durch einen Unfall oder bei einer Operation verloren haben, mit passenden Blutspenden versorgt, um den Verlust des Blutes auszugleichen. Beim Eigenblutdoping wird dem Sportler oder der Sportlerin das eigene Blut verabreicht. Dafür wird einige Wochen vor dem Wettkampf Blut bei dem Athleten oder der Athletin abgenommen. Dies geschieht idealerweise nach einem Höhentraining. Durch das Training in der dünnen Luft produziert der Körper mehr rote Blutkörperchen. Es wird so Blut mit einer erhöhten Konzentration an Erythrozyten abgenommen. Aus dem Blut werden die roten Blutkörperchen isoliert und die Konserve wird tiefgekühlt gelagert. Der Körper gleicht in der Zeit bis zum Wettkampf den Blutverlust aus und produziert dafür auch neue rote Blutkörperchen. Kurz vor dem Wettkampf wird dem Sportler oder der Sportlerin das gelagerte Erythrozytenkonzentrat wieder verabreicht – und die Zahl der roten Blutkörperchen und somit auch die Hämoglobinkonzentration wird gesteigert.
Welche Gefahren bestehen?
Das Doping mit Eigenblut kann eine erhöhte Belastung des Herz-Kreislauf-Systems bedeuten. Es birgt außerdem die Gefahr von Bluthochdruck, informiert die Anti-Doping-Agentur Austria (NADA). Auch können Thrombosen entstehen, denn je mehr rote Blutkörperchen das Blut enthält, desto dickflüssiger ist es. Das Blut müsse fachgerecht gelagert und kontrolliert werden, sonst bestehe die Gefahr, dass die Konserve nicht mehr nutzbar sei und ein gegebenenfalls enormes gesundheitliches Risiko berge, sagte Professor Mario Thevis vom Zentrum für Präventive Dopingforschung an der Sporthochschule Köln gegenüber der "Deutschen Welle".
Wie unterscheidet sich Eigenblutdoping von Fremdblutdoping?
Es funktioniert nach dem gleichen Prinzip wie das Eigenblutdoping. Der Unterschied: Es wird das Erythrozytenkonzentrat eines Spenders oder einer Spenderin verwendet. Wie bei einer Bluttransfusion im Krankenhaus auch, muss das Spenderblut gewisse Kriterien wie die gleiche Blutgruppe erfüllen, damit es dem Athleten oder der Athletin überhaupt verabreicht werden kann. Diese Methode ist allerdings seit 2004 mittels eines DNA-Tests nachweisbar. Das Fremdblutdoping birgt erhebliche gesundheitliche Risiken wie Nierenschäden, Fieber, allergische Reaktionen, Gelbsucht oder Infektionen wie Hepatitis, informiert die Deutsche Sporthochschule Köln und die NADA Austria.
Wie lässt sich Eigenblutdoping nachweisen?
Da es sich um das eigene Blut der Sportler:innen handelt, ist es sehr schwierig, dies nachzuweisen. Anders als beim Fremdblutdoping findet sich ja kein Fremdmaterial im Körper, sagte Experte Mario Thevis gegenüber der "Deutschen Welle". Es gibt einen indirekten Nachweis über den "Athelete Biological Passport", einen Athletenpass also. Er wurde maßgeblich durch die Welt-Anti-Doping-Agentur entwickelt. Den Sportler:innen wird hier über Monate Blut abgenommen. Es werden die Blutparameter bestimmt und wenn Schwankungen in den Werten auftreten, die nicht durch etwas wie eine Blutspende erklärbar sind, werde von Eigenblutdoping ausgegangen, erklärte Mario Thevis gegenüber der "Deutschen Welle".
Wie wird Erythropoietin (EPO) als Dopingmittel eingesetzt?
Erythropoietin kommt auch natürlicherweise im Körper vor. Es ist ein Hormon, welches die Produktion von roten Blutkörperchen steigert. Erythropoietin wird hauptsächlich in der Niere gebildet.
Aus dem Sport ist das gentechnisch hergestellte EPO aus zahlreichen Doping-Skandalen bekannt – es wird ebenso wie das Eigenblutdoping zur Steigerung der roten Blutkörperchen im Blut und somit zur Leistungssteigerung eingesetzt. Sportleri:innen spritzen es sich in die Vene oder unter die Haut. Erst seit 2000 kann das gentechnisch hergestellte EPO im Urin nachgewiesen werden.
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Welche Gefahren bestehen beim Einsatz von EPO?
Im Einsatz bei Menschen, die durch eine Krankheit zu wenige rote Blutkörperchen haben, hat es einen hohen Nutzen. Wird EPO aber missbräuchlich eingesetzt, wie zur Leistungssteigerung im Sport, kann es schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben, informiert die United States Anti-Doping-Agency (USADA). Durch das verdickte Blut besteht ein erhöhtes Risiko für mehrere tödliche Krankheiten wie Herzkrankheiten, Schlaganfall und Hirn- oder Lungenembolie.
Ist Eigenblutdoping eine neue Methode?
Seit den Olympiasiegen des finnischen Langstreckenläufers Lasse Virén 1972 wird vermutet, dass einige Sportler:innen Eigenblutdoping zur Leistungssteigerung einsetzen. Seit Ende der 1980er Jahre zählt Blutdoping zu den verbotenen Methoden und steht auf den Verbotslisten des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) und der WADA. Diese Methode geriet in den Hintergrund, als in den 1980er Jahren gentechnisch hergestelltes EPO zur Leistungssteigerung genutzt wurde. Mit der Nachweisbarkeit von EPO im Urin erlebte das schwerer nachweisebare Eigenblutdoping eine Wiedergeburt im Leistungssport.
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